Wenn du Werkzeuge oder elektrische Geräte gekauft hast, ist dir vielleicht schon aufgefallen, dass auf der Verpackung oder der Bedienungsanleitung eine Schutzklasse oder die Schutzart aufgedruckt ist. Es handelt sich dabei nicht um das Gleiche. Damit du bei deinem nächsten Neuerwerb weißt, was die Schutzklassen und Schutzarten bedeuten und für den Verwendungszweck das richtige Produkt erwerben kannst, habe ich mir beides einmal genauer angesehen.
Was sind elektrische Betriebsmittel?
Bevor ich auf die Unterschiede zwischen Schutzklassen und Schutzarten genauer eingehe, kläre ich zunächst einmal was alles zu den elektrischen Betriebsmitteln zählt. Es gibt dazu zwar eine klare Definition in den DGUV-Vorschriften (Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung), welche durch die Berufsgenossenschaften in Deutschland erlassen wurden, aber wie die meisten amtlichen Vorschriften ist auch diese schwer verständlich.
Grundsätzlich gelten Bauteile, Schaltelemente und Geräte als elektrische Betriebsmittel, sofern sie Teil von elektrischen Anlagen sind. In der Elektrotechnik werden die Betriebsmittel durch Kennbuchstaben gekennzeichnet. Darauf möchte ich an dieser Stelle jedoch nicht weiter eingehen. Stattdessen nenne ich dir ein paar Beispiele, was alles zu den elektrischen Betriebsmitteln gehört:
- Schalter
- Stromwandler
- Sensoren
- Rauchmelder
- Touch-Bildschirme
- Kondensatoren
- Lampen und sonstige Beleuchtung
- Haushaltsgeräte
- Batterien sowie Solar- und Brennstoffzellen
- Ladegerät
- Motoren
- Bürotechnik
- Steckdosen
Du siehst bereits an den wenigen Beispielen, dass nahezu alles, was im Alltag oder im Arbeitsleben in irgendeiner Weise mit Strom zu tun hat, zu den elektrischen Betriebsmitteln gehört und daher der Einteilung in Schutzklasse oder Schutzart bedarf.
Die Unterschiede zwischen Schutzklasse und Schutzart
Die Schutzarten klassifizieren die Tauglichkeit von elektrischen Betriebsmitteln für bestimmte Umgebungsbedingungen. Die Schutzklassen kennzeichnen die elektrischen Betriebsmittel hingegen hinsichtlich ihres Schutzes gegen Stromschlag.
1. Die Schutzklassen – Schutz vor Stromschlag
Die Schutzklassen beruhen auf der DIN- sowie EN Norm DIN EN 61140 (VDE 0140-1). Bei der DIN Norm handelt es sich um einen freiwilligen Standard und damit um eine Empfehlung. Die EN Norm ist hingegen ein europäischer Standard. Es handelt sich hierbei um Regeln, welche durch drei europäische Komitees verbindlich vereinbart wurden, und zwar:
- Europäisches Komitee für Normung (CEN)
- Europäisches Komitee für elektrotechnische Normung (CENELEC)
- Europäisches Institut für Telekommunikationsnormen (ETSI)
Die DIN EN 61140 (VDE 0140-1) ist eine europäische Norm, die in Deutschland unverändert übernommen wurde. Sie regelt den Schutz gegen einen elektrischen Schlag für Menschen oder Nutztiere und legt Schutzmaßnahmen dagegen fest. Schließlich kann ein Stromschlag lebensgefährlich sein. Sie definiert verschiedene Begriffe, wie elektrischer Schlag, elektrische Betriebsmittel, Stromkreis, Isolierung, Erdungsleiter und Gefahrenzone. Außerdem kann sie als Handlungshilfe beim Erstellen von Montageregeln und Produktnormen gelten. Wir beschränken uns hier jedoch auf die Schutzklassen, welche von 0 bis III eingeteilt werden.
- Schutzklasse 0: Geräte der Schutzklasse 0 sind in Deutschland und in Österreich nicht mehr zugelassen, denn sie verfügen nur über eine Basisisolierung, die nicht ausreichend gegen elektrischen Schlag schützt. Diese Schutzklasse wirst du daher auf legal vertriebenen Produkten nicht mehr finden und es gibt auch kein Symbol dafür.
- Schutzklasse 1: Zum Schutz gegen elektrischen Schlag ist ein Schutzleiter vorhanden, welcher berührbare und leitfähige Teile von Geräten erdet, sodass es nicht zu einem Stromfluss in menschliche oder tierische Körper kommen kann. Insbesondere betrifft dies metallische Teile. Das Symbol für die Schutzklasse 1 ist ein Kreis, in dem eine senkrechte Linie auf drei waagerechten steht. Geräte, die mit der Schutzklasse 1 gekennzeichnet werden, sind zum Beispiel Kühlschränke, Waschmaschinen und Bügeleisen.
- Schutzklasse 2: Betriebsmittel mit der Schutzklasse 2 haben keinen Anschluss an einen Schutzleiter, sondern sind stattdessen doppelt isoliert oder mit einer verstärkten Isolierung versehen. Das Symbol für die Schutzklasse 2 ist ein kleines Quadrat, das in einem großen liegt. Mit der Schutzklasse 2 werden zum Beispiel Elektrowerkzeuge und elektrische Geräte für die Körperpflege gekennzeichnet.
- Schutzklasse 3: Werden elektrische Betriebsmittel mit der Schutzkleinspannung (PELV – Protective Extra Low Voltage) beziehungsweise Sicherheitskleinspannung (SELV -Safety Extra Low Voltage) betrieben, gehören sie in die Schutzklasse 3. Die beiden Arten der Kleinspannung sind Bereiche der Niederspannung. 50 Volt Wechselspannung und 120 Volt Gleichspannung werden bei diesen nicht überschritten. Da aber nur Spannungen unter 25 Volt (Wechselspannung) beziehungsweise 60 Volt (Gleichspannung) als ungefährlich für Mensch und Tier gelten, müssen solche Teile trotzdem doppelt oder verstärkt isoliert sein und dürfen nur an bestimmte Stromquellen angeschlossen werden. Dazu gehören zum Beispiel Batterien, Solarzellen, Dynamos und Sicherheitstransformatoren. Ein Anschluss an einen Schutzleiter wird jedoch nicht benötigt. Das Symbol für die Schutzklasse 3 ist eine Raute mit drei innenliegenden senkrechten Linien. Geräte innerhalb der Schutzklasse 3 werden zum Beispiel in Feuchträumen verwendet. Außerdem zählen Spielzeuge und einige medizinische Geräte dazu.
2. Schutzarten – Sicherheit bei der Benutzung
Während mit den Schutzklassen Maßnahmen zum Schutz vor Stromschlag definiert werden, geben die Schutzarten die Sicherheit bei der Benutzung von elektrischen Geräten innerhalb einer bestimmten Umgebung an. Eine Leuchte für Feuchträume beispielsweise gehört einer anderen Schutzklasse an als eine reine Wohnraumlampe.
Die Schutzarten legen insbesondere fest, in welchem Maß ein elektrisches Gerät gegen das Eindringen von Feuchtigkeit oder von Fremdkörpern geschützt ist und welcher mechanischen Beanspruchung es gewachsen ist. Das ist wichtig, damit Schäden an den Geräten und ihrer Funktionalität sowie die Gefährdung von Menschen oder Tieren ausgeschlossen werden können.
Bei den Schutzarten wird zwischen den folgenden unterschieden:
- IP-Schutzarten
- IK-Schutzarten
2.1 IP-Schutzarten
Die Schutzarten werden mit IP-Codes definiert. IP ist die Abkürzung für International Protection beziehungsweise Ingress Protection. Der Aufbau eines IP-Codes erfolgt nach einem festen Schema, und zwar IP + zwei Ziffern + gegebenenfalls zwei Buchstaben. Die nachfolgenden Ziffern beziehungsweise Buchstaben stehen für den Schutzumfang wie folgt:
- Stelle 1: Schutz gegen Berührung und das Eindringen von Fremdkörpern, Ziffern zwischen 0 bis 6
- Stelle 2: Schutz gegen Nässe durch Tropfwasser, Sprühwasser, Tropfwasser, Strahlwasser und Untertauchen, Ziffern zwischen 0 bis 9
- Stelle 3: Schutz gegen die Berührung von gefährlichen Teilen mit Handrücken, Finger, Werkzeug oder Draht, Buchstaben A bis D
- Stelle 4: Weitere Erläuterungen, Buchstaben H bis W
In vielen Fällen werden die Stellen 3 und 4 nicht mit angegeben. Ein X an der ersten oder zweiten Stelle besagt, dass dieser Wert für das jeweilige Produkt nicht von Belang ist.
Im Allgemeinen sind die folgenden Schutzarten beim Kauf von elektrischen Geräten oder Werkzeugen wichtig:
- IP 20: Es können keine Fremdkörper eindringen, die größer als 12 Millimeter sind; es besteht kein Schutz gegen Wasser.
- IP 44: Es können keine Fremdkörper eindringen, die größer als 1 Millimeter sind, das heißt, es besteht kein vollständiger Schutz gegen Staub. Das Gerät ist gegen Spritzwasser von allen Seiten geschützt.
- IP 54: Es besteht Berührungs- und weitestgehend Staubschutz sowie Schutz vor Spritzwasser von allen Seiten.
- IP 55: Es besteht Berührungs- und weitestgehend Staubschutz sowie Schutz vor Strahlwasser aus einer Richtung.
- IP 64: Es besteht kompletter Staubschutz und Schutz vor Spritzwasser von allen Seiten.
- IP 65: Es besteht kompletter Staubschutz und Schutz vor Strahlwasser von allen Seiten.
- IP 67: Es besteht kompletter Staub- und Berührungsschutz sowie Schutz vor Nässe bei kurzzeitigem Untertauchen in Wasser.
- IP 68: Der Schutz gegen Staub und Berührung besteht vollständig. Das Gerät ist wasserdicht auch bei dauerhaftem Untertauchen.
Beispiele bei der die IP Schutzklasse von Bedeutung ist:
2.2 IK-Schutzarten
Die IK-Schutzarten werden auch IK-Codes, IK-Kennzeichnung oder IK-Stoßfestigkeitsgrad genannt. Sie geben an, wie widerstandsfähig ein Gehäuse gegen Schläge und Stöße sind. Insbesondere werden die IK-Schutzarten bei Gehäusen von elektrischen Geräten, bei Steckern und Schaltern sowie bei Computertastaturen angewandt. Damit Geräte mit der IK-Schutzart ausgezeichnet werden dürfen, ist eine Prüfung nach den Normen EN 60068-2-75 (VDE 0468-2-75) oder IEC 60068-2-75 notwendig.
Folgende IK-Codes werden angewendet:
- IK00: Es besteht kein Schutz gegen Schläge oder Stöße
- IK01 bis IK 05: Das Gehäuse widersteht Schlägen mit einer Schlagenergie zwischen 0,14 bis 0,70 Joule. Das entspricht leichten Schlägen mit der Hand oder mit der Faust.
- IK06: Das Gehäuse kann einer Schlagenergie zwischen 1 bis 2 Joule trotzen. Das Schlagen mit einem leichten Hammer aus 20 Zentimeter Entfernung muss es überstehen.
- IK07: Eine Schlagenergie zwischen 2 bis 5 Joule werden ausgehalten. Das ist so viel, als würdest du mit einem 500 Gramm schweren Hammer aus 40 Zentimeter Entfernung darauf einschlagen.
- IK08: Zwischen 5 bis 10 Joule hält das Gehäuse aus und übersteht damit zum Beispiel Schläge aus 30 Zentimeter Entfernung mit einem 1,7 Kilogramm schweren Hammer.
- IK09: Jetzt wird das Gehäuse bereits sehr robust, denn die Schlagenergie kann zwischen 10 bis 20 Joule betragen, sodass es selbst Schläge mit einem 5 Kilogramm schweren Hammer aus einer Entfernung von 20 Metern erträgt.
- IK10: Dieses stabile, widerstandsfähige Gehäuse muss 20 bis 50 Joule aushalten können. Damit ist es zwar nicht unverwüstlich, hält aber heftige Tritte, Schläge mit einem Baseballschläger sowie Wurfgeschosse aus.
- IK11: Ab 50 Joule ist ein Gehäuse so stabil, dass es sich auch beim Fall eines 10 Kilogramm schweren Körpers aus einer Entfernung von 50 Zentimetern nicht verformt.
- IK12 bis IK20: Einige Hersteller wenden IK-Codes zwischen IK12 und IK20 an. Das sind jedoch eigene Referenzen, bei denen Gehäuse eine Schlagenergie zwischen 62,5 bis 250 Joule aushalten.
Zur besseren Einordnung: 1 Joule entspricht ungefähr der Kraft, die du zum Hochheben von einer Tafel Schokolade aufwendest. Die Krafteinwirkung ist daher gering, sodass auch leichte Kunststoffgehäuse ausreichend widerstandsfähig sind. Ab IK06 müssen bereits stabilere Materialien verwendet werden. Merke also: Je höher die IK-Schutzart, umso besser ist die Technik in einem Gehäuse gegen Schläge und Stöße geschützt.
3. Wer ermittelt die Schutzklassen und Schutzarten?
Die Ermittlung der Schutzklassen und Schutzarten wird durch die gemeinnützige und damit von der Industrie unabhängige VDE Prüf- und Zertifizierungsinstitut GmbH in Offenbach vorgenommen, die zum VDE Verband der Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik e.V. (www.vde.com) gehört. Die Mitarbeiter wenden verschiedene Prüfmethoden innerhalb einer Umweltsituation in einem Testlabor an, um die Sicherheit von Produkten zu bestimmen. Zur Ermittlung von Schutzarten und Schutzklassen stehen verschiedene Prüfeinrichtungen zur Verfügung, zum Beispiel eine Staubkammer, eine Taucheinrichtung, ein Druckkessel für Tauchtiefen bis zu 100 Meter Wassertiefe und eine Hochdruckwasserprüfeinrichtung.
Produkte, die umfassend durch das Institut geprüft wurden, dürfen das VDE-Zeichen für elektrotechnische Erzeugnisse, das VDE GS-Zeichen für technische Arbeitsmittel, das VDE-Kabelzeichen beispielsweise für Kabel und Leitungen oder eines der anderen Prüfzeichen tragen. Außerdem erhält der Hersteller einen ausführlichen Prüfbericht.
Für Verbraucher bietet das Institut unter anderem Energieberatung, Sicherheitstipps für Zuhause und Beratung zur fachgerechten Entsorgung von Elektroschrott an. Du kannst hier außerdem melden, wenn du durch ein bestimmtes Gerät einen Stromschlag erhalten hast, dieses bei der Nutzung in Brand geraten ist oder im Inneren geschmort hat. Damit kannst du dazu beitragen, dass gefährliche Geräte aus dem Verkehr gezogen werden.